Parolenprüfstand: „Mehr braucht mehr“

Wer sagt’s: ver.di in der Tarifrunde des Erziehungs- und Sozialwesens 2021/22

Klingt wie: Wellenrauschen, Naturgewalten

Soll heißen: Bessere Arbeitsbedingungen und zusätzliches Personal sind eine Selbstverständlichkeit.

Nicht zu verwechseln mit: „Persil bleibt Persil“ (seit 1913)

Mitreißfaktor: Im besten Fall so überwältigend wie Meereswellen. Kann aber auch langweilig werden.

Überzeugungskraft: Wirkt wie eine Tautologie; oder steckt noch was dahinter?

Anwendbarkeit: Gilt eigentlich immer und überall.

Zielt auf: Die Kolleginnen und Kollegen (sollen mitstreiken); die Öffentlichkeit (will auch immer mehr)

Dagegen ist: Keiner! Der Spruch ist zu abstrakt für Gegenargumente.

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Man kann sich förmlich vorstellen, wie es nach vielstündigem Gruppengrübeln bei der Kampagnenplanung aus jemanden herausgebrochen ist: Mehr braucht mehr, das ist doch wohl eine Selbstverständlichkeit! Und alle nicken, jaja, so ist es!

Der Sinn ergibt sich erst, wenn man das Kleingedruckte liest – „Mehr Verantwortung braucht mehr Gehalt“ oder „Mehr Bildung braucht mehr Fachkräfte“. Stimmt ja alles, aber die Formulierung drängt sich so in den Vordergrund, als ob es auf die Argumente gar nicht ankäme.

Gegen eine Selbstverständlichkeit lässt sich nicht viel einwenden. Bloß kann man den Spieß leicht umdrehen; dann behauptet die Gegenseite: Die öffentliche Hand ist klamm, erhöhte Ausgaben sind nicht drin, kurz gesagt – weniger verträgt weniger.